Ein Abend in Amorbach - Theatererlebnis und ein Gewinn
Arbeit oder Vergnügen - diese Frage wurde mir gestellt, als ich am Freitagabend in Amorbach zur Premiere des Theaterkreises kam. Ja, das Engagement eines ehrenamtlich wirkenden Theaterkreises zu würdigen, das gehört zumindest meinem Verständnis nach zur "Arbeit" eines Landrats. Wenn ich jedoch mit einer beeindruckenden Aufführung eines ganz besonderen Theaterstücks und vielen gedanklichen Anregungen belohnt werde, dann ist der Abend ein persönlicher Gewinn.Friedrich Dürrenmatts Tragikomödie aus dem Jahr 1949
1949 veröffentlichte der Schweizer Dramatiker und die Tragikomödie "Romulus der Große". Die vermeintliche Geschichte des letzten weströmischen Kaisers, der 20 Jahre seiner Regierungszeit die Regierungsarbeit verweigerte und stattdessen Hühner züchtete. Dürrenmatt schrieb diese, seine erste Komödie in den Jahren 1948/49, und versah sie mit dem für ihn typisch widersprüchlichen Untertitel »Ungeschichtliche historische Komödie«. In der Tat lässt dieser Titel ein vergnügliches Stück erwarten über jenen unfähigen Kaiser Romulus, den jeder loswerden möchte. Doch es steckt viel mehr hinter der vermeintlichen Unfähigkeit des letzten Kaisers West-Roms - und 70 Jahre später wagt es der Theaterkreis Amorbach, dieses anspruchvolle Stück auf die Bühne im Fürstlich-Leinigenschen Ökonomiehof zu bringen.Das Ensemble des Amorbacher Theaterkreises - aber es fehlen die wunderbaren Hühner und die siegreichen Germanen |
Erfolgreiche Premiere in Amorbach
Alle zwei Jahre bringt der Theaterkreis Amorbach ein Stück auf die Amorbacher Bühne - am Freitag, 19. Juli 2019, war die erfolgreiche Premiere von "Romulus". Wenn auf der Bühne Hühner herumlaufen, ein Kaiser das morgendliche Frühstück bis in den späten Tag hinein ausweitet und die Regierungsgeschäfte geschickt verweigert, dann vermutet man amüsanten Klamauk. Doch mit zunehmendem Verlauf bleibt einem das Lachen im Hals stecken.- Oder wie sollen wir damit umgehen, dass Dürrenmatt schon 1949 darstellte, dass letztlich nur ein reicher Unternehmer einen handlungsunfähigen Staat retten könne - hier der reiche Hosenfabrikant, der die Pläne Romulus` zum Untergang des Römischen Reichs gefährdet.
- Oder ist die Erkenntnis nur von geschichtlicher Dimension, dass Staaten sich genau dann "Vaterländer" nennen, wenn der Blutzoll in die höhe getrieben werden muss?
- Oder wie gehen wir mit der Erkenntnis um, dass in der Komplexität unserer Welt selbst die genialsten Pläne am Ende scheitern. Demut statt Selbstüberschätzung, Bewusstmachen der tatsächlichen Möglichkeiten im Hier und Jetzt ...
- oder es bleibt uns die bittere Erkenntnis, dass weder das Verharren in der Vergangenheit noch das Fixieren auf die Zukunft uns wirklich weiterbringen, die beiden Kardinalfehler der beiden großen politischen Gestalten Romulus und Odoaker - sie haben einfach versäumt, in der Gegenwart das Mögliche aus ihrer Freiheit zu tun.
Das Bühnenbild ist von Klaus Hubert, die Kostüme federführend von Ilona Schell. Für Licht- und Tontechnik sind Moritz Jach, Marius Reichert, Joshua Schell, Robert Tögel verantwortlich. Und erstmals dabei sind auch einige junge Mitglieder des Rad- und Rollsportvereins Amorbach. Regie führen Kurt Spielmann und Michael Eck.
Auch die Büsten müssen verscherbelt werden, um liquide zu bleiben |
Weitere Aufführungen im Juli 2019
Nach meinem Premierenbesuch von »Romulus der Große« kann ich dem Ensemble um Michael Lutz nur danken für den Mut, das Frühwerk von Dürrenmatt auf die Bühne zu bringen. Ein Besuch des Fürstlichen Ökonomiehofes am Schlossplatz 1 in Amorbach lohnt sich:Samstag, 20. Juli, 20 Uhr
Freitag, 26. Juli, 20 Uhr
Samstag, 27. Juli 20 Uhr
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