Mittwoch, 26. Februar 2020

Fragen an den Landrat (51) - Was bringt das Nahwärmenetz MIL-Nord für den Klimaschutz?

 

 

Gemeinsam gelingen auch ambitionierte Projekte - drei Schulen, ein Landkreis und ein familiengeführtes Industrieunternehmen: das Nahwärmenetz MIL-Nord!

Klimaschutz geht uns alle an!

Auch der Landkreis Miltenberg muss seinen Beitrag leisten, sowohl zum Energiesparen als auch zur CO2-armen Energie-Erzeugung. Ein großer Schritt gelang uns in Sachen Heizenergie für das Schulzentrum MIL-Nord!

Die Idee - das Nahwärmenetz MIL-Nord als Klimaschutzprojekt


Bereits im vergangenen Jahrzehnt gab es in Reihen der ödp und Grünen die spannenden Idee: Die Abwärme der Papierfabrik Fripa müsse man doch irgendwie zum Beheizen des nur wenige hundert Meter entfernt liegenden Schulzentrums Miltenberg-Nord nutzen können.
Die Knackpunkte "irgendwie" und "nur wenige hundert Meter" konnten im vergangenen Jahrzehnt aber nicht gelöst werden, so dass die Idee zunächst in einer Schublade im Landratsamt stecken blieb.

Mit meiner Wahl zum Landrat im März 2014 und meinem Dienstantritt zum 1. Mai 2014 holten wir, das sind Kreisbaumeister Andreas Wosnik, der damalige Geschäftsführer der Fripa Andreas Noack und ich diese Idee wieder aus der Schublade.



Seit dem 10. Oktober 2017 versorgt die Firma FRIPA Papierfabrik Albert Friedrich KG das Schulzentrum Miltenberg über ein Nahwärmenetz mit Wärme. Dabei handelt es sich um ein innovatives Projekt aufgrund der nahtlosen, fairen und extrem nachhaltigen Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten, das auch in das pädagogische Konzept der Schulen eingebunden wird. Darüber hinaus besticht es durch seinen Beitrag zum Klimaschutz, wie im Folgenden aufgezeigt werden soll.
 
 

Das Projekt in seiner Gänze: von der Idee zum Erfolg

Vorgeschichte des Projekts:
Von Norden her kommend stechen die Wasserdampfschwaden vor der schönen Stadtsilhouette von Miltenberg ins Auge. Am hochmodernen Produktionsstandort in Miltenberg produziert die FRIPA mit über 400 Beschäftigten an drei Papiermaschinen ganzjährig hochwertige Hygienepapiere. Dabei betreibt Sie eine eigene Kraft-Wärme-Kopplungsanlage mit einer Gasturbine, die mit einem hohen Wirkungsgrad den für die Papiertrocknung erforderlichen Dampf und zwei Drittel des Strombedarfs erzeugt. Bereits vor Umsetzung des Nahwärmeprojektes nutzte die FRIPA die im Trocknungsprozess entstehende Abwärme zur Beheizung der eigenen Gebäude, wobei ein deutlicher Wärmeüberschuss verblieb.



Die Initiative:
Erste Ideen zur Nutzung der Abwärme der FRIPA gab es daher bereits seit längerem. Die Initiative des Landkreises führte 2014 dazu, dass die FRIPA zusammen mit dem Landkreis und dem Ingenieurbüro CDM Smith eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung der Abwärme-Potentiale in der FRIPA erstellte. Die Projektentwicklung wurde vom Landkreis finanziert. Schnell waren enorme Potentiale ersichtlich (bis zu 6.300 MWh/a).



Die Weichenstellung:
Nach der Erstellung der Machbarkeitsstudie ging es darum, die organisatorische und praktische Umsetzbarkeit eines derart ambitionierten Projektes zu sichern. Dabei war schnell klar, dass der Landkreis die Rolle des Projektträgers und späteren Betreibers des Nahwärmenetzes wahrnehmen muss. Die nachhaltige Ausrichtung der beiden aktiven Vertragspartner erleichterte die Verhandlungsführung enorm.



Die Vereinbarung:
Im März 2016 konnten Landrat Jens Marco Scherf und der Geschäftsführer der FRIPA, Herr Andreas Noack, eine Projektvereinbarung unterzeichnen. Kerninhalte waren dabei, dass der Landkreis die Anlagen finanziert und betreibt und dafür bis zur Amortisation kostenfrei Wärme von der FRIPA bezieht. Nach Deckung der Investitionskosten bezieht der Landkreis die Wärme für den halben Preis dessen, was im Mittel bei einer Versorgung durch Gas anfallen würde.
Mehr Informationen zu den Weichenstellungen im März 2016 hier!



Die Planung:


Nach der Werkplanung durch das Ingenieursbüro Frecotec aus Klingenberg und der öffentlichen Vergabe der Planungs- und Bauleistungen erfolgte im Frühjahr 2017 der Baubeginn. Dank lokaler leistungsstarker Firmen, einer kompetenten Bauleitung und eines entscheidungsstarken Bauherren konnte ein reibungsloser Bauablauf gesichert werden. Die Umsetzung der Arbeiten erfolgte dabei durch die Firmen Claus Fecher GmbH aus Schneeberg für den Heizungsbau, die Michel Bau GmbH aus Klingenberg für den Tief- und Leitungsbau sowie RUF Gebäudetechnik GmbH aus Kleinheubach für die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik, wodurch die lokale Wertschöpfung angetrieben werden konnte. Die Kreisstadt Miltenberg war ebenfalls involviert, da eine beträchtliche Strecke des Leitungsnetzes über Flurstücke der Gemeinde und Straßen verläuft. Zeitgleich tauschte die FRIPA den Wärmetauscher in ihrer Produktion.



Die Funktionsweise des Nahwärmenetzes und technische Kennzahlen:
Das Nahwärmenetz besteht aus zwei separaten Kreisläufen. Im ersten Kreislauf zirkuliert das Wasser zwischen dem Wärmetauscher in der FRIPA, der Kesselanlage und dem Pufferspeicher. Über den zweiten Kreislauf werden die Wärmeübergabestationen in den Heizanlagen der drei angeschlossenen Schulen versorgt, wodurch die Systemtrennung zum Nahwärmenetz erfolgt. Die Pufferspeicheranlage dient zur Abdeckung der morgendlichen Anfahrspitzen. Insgesamt 15.000 Liter Wasser können zwischengespeichert werden, was einem Wärmeinhalt von ca. 350 kWh entspricht.

Klimaschutzpreis des Bund Naturschutzes 2017


Das Nah­wär­me­netz in Mil­ten­berg-Nord und die De­ckel­mann-Müh­le in El­sen­feld wur­den im Jahr 2017 mit dem Kli­ma­schutz­preis der Kreis­grup­pe Mil­ten­berg des Bun­des Na­tur­schutz ausgezeichnet. Mit dem Preis würdigt der Bund Naturschutz vorbildliche Projekte zur Reduzierung des Treibhausgases Kohlendioxid. Die zwei Projekte, zum einen die »Nahwärmeversorgung des Schulzentrums in Mil-Nord« und deren gemeinsame Träger, das Landratsamt und die Firma Fripa, und zum anderen die restaurierte Mühle von Reinhardt Deckelmann in Elsenfeld, zeigen beispielhaft wie unterschiedlich in Art, Größe und Komplexität das Engagement für den Klimaschutz sein kann.
Das Nahwärmenetz sei ein industrielles Großprojekt bei dem die Partner, das Industrieunternehmen Fripa sowie die kommunale Verwaltung vom Landratsamt und der Stadt Miltenberg, durchaus unterschiedliche Interessen und Herangehensweisen hätten. Das Nahwärmenetz nutze die Restwärme, die nach bereits zweimaliger Verwendung bei der Fripa für Prozesse und Hallenheizung noch verfügbar sei, nun noch ein drittes Mal für die Beheizung der Schulen in Miltenberg.
Der andere Preisträger wird gewürdigt als »Einzelkämpfer«, der eine über 100 Jahre alte Mühle restauriert und wieder befähigt hat Strom für den Eigenbedarf zu erzeugen. Darüber hinaus könne sogar ein Überschuss ins Netz eingespeist werden. Beide Projekte seien, jedes auf seine Weise, herausragend und für jeden ein Ansporn sein, individuell etwas für den Klimaschutz zu erreichen.



Klimabilanz des Nahwärmenetzes MIL-Nord


Im Winter 2018/19 konnten 97,8% der benötigen Wärmeenergie aus der Abwärme der Fripa gestellt werden! Bereits im Jahr 2018 konnten so bereits 310 Tonnen CO2 eingespart werden!

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