Donnerstag, 3. Oktober 2019

Fragen an den Landrat (12) - Warum müssen die Abfallgebühren steigen?

Hier die Entwicklung der Müllgebühren seit 1995 mit dem Entwurf ab 2020.

 

Müllgebühren werden erstmals seit den 90er Jahren steigen

Die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises müssen sich nach Jahren stabiler und teilweise sogar gesunkener Abfallgebühren auf steigende Gebühren gefasst machen, wie aus der Neukalkulation hervorgeht. Ein besonderer Faktor ist dabei, dass Gebührenüberschüsse aus der Vergangenheit nun aufgebraucht sind und nicht mehr zur Entlastung zur Verfügung stehen.
 
Beabsichtigt ist ein Gebührenniveau im Bereich des Jahres 2009. Die endgültige Entscheidung darüber wird der Kreistag treffen, der Ausschuss für Energie, Natur- und Umweltschutz wird sich in seiner nächsten Sitzung ausführlich mit dem Thema befassen.

Ausführliche Vorberatung im Ausschuss


Am Dienstag war dem Ausschuss für Energie, Natur- und Umweltschutz die Neukalkulation ausführlich vorgestellt worden, auch konnten die Mitglieder die Vertreter des Büros Econum (Ludwigsburg) detailliert befragen. Jens Petschel rief dem Gremium in Erinnerung, dass der aktuelle Kalkulationszeitraum für die Abfallgebühren Ende 2019 endet und dass der Arbeitsauftrag für sein Büro gelautet habe, für den Zeitraum 2020 bis 2023 das neue Rechenwerk zu erstellen, ohne dass sich strukturelle Änderungen bei der Entsorgung ergeben.

Die Fachleute hatten zunächst die Grundlagen mit allen Kostenstellen (etwa Müllmenge, Preise, Personal- und Betriebskosten, Verwaltungskosten, kalkulatorische Kosten, Kosten für die Deponien) ermittelt, daraus die Gesamtkosten festgestellt und danach alle Einzelpositionen neu kalkuliert, so dass die Abfallgebühren in den kommenden vier Jahren kostendeckend sind. In den Prognosen für den neuen Vierjahreszeitraum habe sich Petschel zufolge herausgestellt, dass die laufenden Kosten in allen Bereichen seit Beginn des letzten Kalkulationszeitraums zum Teil sehr deutlich gestiegen sind, auf der anderen Seite hat sich die Einnahmesituation – etwa durch die Verwertung von Altpapier und Elektroschrott – deutlich verschlechtert. Zudem habe der Landkreis in den letzten Jahren die Abfallgebühren mit der Einrechnung von Überschüssen aus Vorjahren stabil halten oder sogar senken können. Diese Überschüsse seien auf nahezu Null abgeschmolzen, so dass diese Summe – zuletzt rund 1,9 Millionen Euro im Jahr 2019 – künftig nicht mehr zur Verfügung steht. Petschel kam zur Erkenntnis, dass die Kosten der Abfallwirtschaft von etwa 9,7 Millionen Euro im Jahr 2019 künftig im Mittel um rund 3,8 Millionen Euro pro Jahr steigen würden (+ 39 Prozent).
 
 

Unabänderliche Mehraufwendungen

Die Mehraufwendungen teilen sich wie folgt auf:

  • 1,753 Millionen Euro Entfall der Gebührenüberschüsse
  • 821.000 Euro Mehrkosten für Leistungen der Abfalllogistik und erhöhte Kosten für die Verbrennung
  • 218.000 Euro für notwendige Ersatzinvestitionen, kalkulatorische Kosten für den neuen Deponieabschnitt der Deponieklasse-II-Deponie und Zuführungen zur Rückstellung der Deponien-Nachsorge
  • 187.000 Euro für die Betriebssachkosten
  • 192.000 Euro für die Personalkosten unter Berücksichtigung der tariflichen Steigerungen.


Darüber hinaus rechnen die Experten mit deutlich niedrigeren Erlösen aus der Verwertung von Altpapier (nur die Hälfte des Preises im Jahr 2019), Elektroschrott und Altschrott. Auch entfallen die Elektroschrotterlöse von Oktober 2020 an. Dies schlägt mit weiteren 600.000 Euro zubuche.
 
Um die Kosten des künftig rund 13,46 Millionen Euro umfassenden Müllhaushalts zu decken, bedeute dies deutlich steigende Gebühren. Die Erhöhungen fallen in den jeweiligen Gebührenbereichen aber nicht durchgehend an, es wird weiter differenziert. Beispiel: Für die privaten Haushalte kostet ein 60-Liter-Behälter (mit Bioabfall) pro Monat statt 14 Euro künftig 16,60 Euro, Eigenkompostierer zahlen für das gleiche Gefäß statt 13 Euro künftig 15,10 Euro pro Monat. Bei der 120-Liter-Tonne sind es (mit Bioabfall) künftig 23,50 Euro, für Eigenkompostierer 21,80 Euro. Die Gebühren für Selbstanlieferer auf den Deponien und in der Müllumladestation steigen ebenfalls. Alle zu erwartenden Müllgebühren können in der folgenden Datei eingesehen werden:
  
 
Zahlreiche Fragen kennzeichneten die Diskussion im Gremium, auch nahmen die Vertreter des Büros Econum einige Arbeitsaufträge für die nächste Sitzung mit. Ruth Heim, Leiterin der kommunalen Abfallwirtschaft am Landratsamt, wies mehrfach darauf hin, dass die letzte Müllgebührenkalkulation schon lange zurück liege und sich in der Zwischenzeit viele Kosten deutlich erhöht hätten – etwa der Mülltransport. Zudem sei mit massiven Erhöhungen für die Entsorgung des Restabfalls zu rechnen, sagte sie und erklärte, dass diese Gebühren in der Vergangenheit nicht kostendeckend gewesen seien. „Die Preise für die Verbrennung steigen“, stellte sie fest und Jens Petschel kommentierte, dass der Landkreis selbst mit diesen Preisen noch glücklich sein könne im Vergleich mit anderen Gebietskörperschaften. Durch die Bereitstellung neuer Deponieflächen und die damit einhergehenden höheren Kosten – unter anderem für die Deponienachsorge – müssten laut Heim auch die Kosten für die Selbstanlieferungen deutlich steigen. Schon jetzt kämen Anlieferer mit Müll aus anderen Bundesländern, allerdings nehme man nur Anlieferungen aus dem Landkreis an.
 

Freimengen bleiben bestehen!


„Die Freimengen bleiben unverändert“, sagte Landrat Jens Marco Scherf am Ende der Sitzung und Ruth Heim zeigte anhand zweier Balkendiagramme, dass selbst die steigenden Gebühren immer noch niedriger sind als im Jahr 2009 und den Jahren davor:



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