Donnerstag, 7. Juli 2022

Energiewende: 5 kommunale und regionale Säulen für eine erfolgreiche Umsetzung



Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Klimaschutz und Energiewende haben als Thema im vergangenen Jahr endlich die notwendige Aufmerksamkeit bekommen. Die dramatischen Folgen der Erwärmung des Klimas werden immer sichtbarer. Es geht in diesem Jahrzehnt um die entscheidenden Schritte zur Bewahrung unserer Lebensgrundlage. Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die freiheitlich-demokratische Werteordnung wird die Energiewende aus sicherheitspolitischer Sicht existentiell bedeutend. Neben dem Klimaschutz und der strategischen Unabhängigkeit von Russland geht es drittens auch darum, durch einen Ausbau der deutlich günstigeren regenerativen Energiearten eine Energieversorgung zu sozialverträglichen Preisen sicherzustellen. Was über Jahre von Fachleuten betont wurde, wird nun Realität: Dauerhaft bezahlbar ist nur regenerativ erzeugte Energie, egal ob fossil oder atomar, in der Vollkostenrechnung sind diese Energiearten sozial unverantwortlich und bieten auch unseren Unternehmen keine belastbare Grundlage mehr.


Wie können wir auf regionaler und kommunaler Ebene einen Beitrag leisten zum Gelingen der Energiewende?

Mindestens fünf Säulen hat die Energiewende in regionaler Hand:

Erste Säule ist die Aktualisierung des Klimaschutzkonzepts. Drei Fragen klären wir: welche Energiemenge benötigen wir, was kann maximal wie regenerativ und regional erzeugt werden und wer kann die Erzeugung umsetzen. Die Erstellung eines neuen Klimaschutzkonzepts für eine klimaneutrale Region Bayerischer Untermain wurde in die Wege geleitet.

Zweite Säule ist der regionalplanerische Rahmen. Der Regionale Planungsverband wurde bereits aktiv mit Bereitstellung einer Freiflächen-Photovoltaik-Planungshilfe. Zu diskutieren ist aktuell die Frage, wie man mit den neuen rechtlichen Möglichkeiten für Windkraft in den Landschaftsschutzgebieten, also auch im Spessart, umgehen soll – regionalplanerisch und/oder auf kommunaler Ebene. Was funktioniert schnell, was funktioniert einfach?, das werden wir nun.

Dritte Säule sind die Kommunen selbst – etwa mit dem Energienutzungsplan. Im Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus hat Marc Gasper von der Energieagentur erläutert, dass eine Kommune Ziele definieren, Pläne erstellen und Maßnahmen umsetzen könne. Es gelte zudem, die Energieeffizienz der kommunalen Liegenschaften im Blick zu behalten, auch müsse der Einsatz erneuerbarer Energien vorangetrieben und geprüft werden, welche Energieformen realistisch genutzt werden können. Die Energieagentur unterstütze die Kommunen bei ihren Bemühungen, versicherte Gasper und verwies auf eine Einstiegs- und Orientierungsberatung zum Klimaschutz. Es gebe mehrere, miteinander kombinierbare Konzepte zur Umsetzung der Energiewende vor Ort, nannte Gasper das Integrierte Klimaschutzkonzept und das energetische Quartierskonzept, ein Klimaschutzkonzept (Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz), ein Energiekonzept (Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) sowie den Energienutzungsplan (Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie).

Gerade der Energienutzungsplan ist sehr empfehlenswert, da er schlank und maßnahmenorientiert ausgestaltet sei. Grundlagenermittlung und Maßnahmenableitung, Abbildung der vorhandenen Energie- und Strominfrastruktur, Anleitung zur optimalen Bedarfsdeckung, Bestimmung der Potenziale regenerativer Energie, Umsetzungsplan mit Maßnahmenkatalog – so kann man sich diesen Plan vorstellen. Die Energieagentur unterstütze die Verwaltungen, so dass die Kommunen mit Beschlussvorlagen in ihre Gremien gehen und im besten Fall einen Förderantrag stellen können.

Vierte Säule ist die kommunalpolitische Beschäftigung mit der Thematik Energiewende. Das ist auf Landkreisebene beispielsweise auf Workshop-Ebene mit Politik, Unternehmen und Energieversorgern bereits geschehen. Bei einem Treffen im April ging es unter anderem um die Fragestellung, regional erzeugte Energie regional zu vermarkten und dies nicht Großinvestoren zu überlassen. Eine von mir ins Leben gerufene Arbeitsgruppe des Kreistags arbeitet hier an konkreten Themen.

Fünfte Säule ist die Mitwirkung und Unterstützung der Bevölkerung: Wir brauchen eine positive und aktive Haltung der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zu Energiewende. Verzetteln wir uns nicht in Einzeldiskussionen und Ablenkungsmanöver. Ich warne davor, einzelne regenerative Energieformen zu verteufeln und stets auf andere Formen zu verweisen. Wir brauchen den Mix aus allen Energieformen: Photovoltaik auf Dächern und auf Freiflächen, Windkraft, Wasserkraft und alle weiteren Formen. Die Kommunalpolitik muss verdeutlichen, dass wir eine vernünftige regionale Energieerzeugung nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes benötigen, sondern auch, um den Verlust der regionalen Industrie zu verhindern. Wir müssen das jetzt anpacken, ohne Panik machen zu wollen, die Lage ist ernst und der Handlungsdruck ist groß, deshalb müssen wir den Menschen reinen Wein einschenken. Dazu gehört es alle Menschen und ihre Sichtweisen anzuhören, aber es ist nicht möglich, jede einzelne Sichtweise zu erhören. Wir können es nicht jedem Partikularinteresse Recht machen. Nicht umsonst ist es das demokratische Prinzip, abzuwägen und für Lösungen eine Mehrheit zu finden – egal wie deutlich diese am Ende ausfällt, wir brauchen Lösungen und Ergebnisse.


Transparenz durch den Energiemonitor im Landkreis Miltenberg

Seit wenigen Jahren haben wir den digitalen Energiemonitor, der für den Landkreis Miltenberg viertelstündlich zeigt, wieviel Strom erzeugt und verbraucht wird, wie hoch der Anteil der regenerativen Energien ist und wie viel Strom aus anderen Quellen benötigt wird, um die Energielücke zu schließen (https://energiemonitor.bayernwerk.de/miltenberg-landkreis). Im Durchschnitt komme man auf eine Eigenerzeugungsquote von 64 Prozent, sagte Gasper  im Wirtschaftsausschuss im Juli und erkennt „noch viel Potenzial.“ Er belegte das mit Blick auf das Solarpotenzialkastaster (www.solare-stadt.de/bayerischer-untermain/), demzufolge nur vier Prozent der Dächer der Region mit Photovoltaik belegt seien.


Drei große Schritte des Bundes

Von Seiten des Bundes geht es zunächst darum, bis Mitte dieses Jahres die Rahmenbedingungen zu schaffen für den Ausbau regionaler regenerativer Energien. In der zweiten Hälfte braucht man eine belastbare Wasserstoffstrategie – Wasserstoff dort zu erzeugen, wo gerade nicht nutzbare Energie in Wasserstoff umgewandelt werden kann, und diese Energie danach vernünftig zu verteilen. Spätestens 2023 müsse die Planungsbeschleunigung vorangetrieben werden, das bislang vorherrschende Tempo reicht bei weitem nicht aus.

Im Wirtschaftsausschuss wurde unter anderem mit Blick auf dramatisch steigende Energiepreise der Handlungsdruck betont, auch wenn man sich darüber klar ist, dass alle Maßnahmen kurzfristig noch keine Entlastungen bringen werden.


Für weitere Informationen:

Der Energiemonitor des Landkreises Miltenberg: 

https://jensmarcoscherf.blogspot.com/2021/11/der-energiemonitor-des-landkreises.html


Die Energieagentur Untermain:

https://www.energieagentur-untermain.de/home/


Klimaschutzangebote im Landratsamt Miltenberg:

https://www.landkreis-miltenberg.de/Energie,Natur-Umwelt/Klimaschutz.aspx


Das Solarpotentialkatastar für den Bayerischen Untermain:

https://www.energieagentur-untermain.de/beratung/solarpotenzialkataster/


 


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