Montag, 17. Januar 2022

Gedanken zur Energiewende: Konkrete Schritte statt Hickhack um die 10h-Regel



Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Klimaschutz und Energiewende haben als Thema im vergangenen Jahr 2021 endlich in Politik und Öffentlichkeit die notwendige Aufmerksamkeit bekommen. Es geht hierbei um nichts weniger als die Bewahrung unserer Lebensgrundlage – nicht die Erde an sich muss gerettet werden, sondern die unsere Lebensgrundlagen. Der wirkungsvolle Klimaschutz braucht den Abschied aus den fossilen Energieträgern (die Atomkraft ist ein technologischer und finanzieller Irrweg) und damit eine gelingende Energiewende hin zu klimaneutralen Energieträgern. Beim Weg dorthin besteht immer wieder die Gefahr, dass wir uns im parteipolitischen Streit verlieren. Diese Gefahr sehe ich aktuell beim hoch emotionalen Streit rund um die bayerische 10h-Regel, mit welcher in Bayern der Ausbaustopp bei der Windkraft erreicht wurde. Die entscheidende Frage ist nun jedoch, wie erreichen wir den notwendigen Zubau an klimaneutralen Energieträgern.


Ein aggressiv-parteipolitischer Streit um die 10h-Regel ist gefährlich!

Warum hilft uns der isoliert um 10h stattfindende Streit nicht weiter? Was halte ich hieran für gefährlich? Wir diskutieren politisch emotionalisiert für und gegen 10h, ein Thema aus dem vergangenen Jahrzehnt, und verkennen die eigentliche Aufgabenstellung!

Was meine ich damit? Egal ob Energiewende allgemein oder ob ganz konkret das Thema Windkraft: Ohne Akzeptanz der Bevölkerung wird die Energiewende nicht gelingen! Deshalb brauchen wir statt einer kontroversen Debatte rund um 10h stattdessen eine Umsetzung der Energiewende mit regionalen, technologieoffenen und flexiblen Lösungen, eben ohne die kommunale Planungshoheit und Verantwortung der Gemeinden und Städte, der Landkreise und Regionalen Planungsverbände auszuhebeln.


Wie kann die Energiewende gelingen?

Wir brauchen die Möglichkeit einer Steuerung vor Ort im Rahmen der kommunalen Planungshoheit. Natürlich brauchen wir eine neue Ausgestaltung der Planungsregeln, auch der in Bayern etablierten 10h-Regel, aber eben vor Ort bzw. in der Region. Nur so gewinnen wir das Vertrauen der Menschen zurück, die sich gegen die Windkraft positioniert haben. Dazu gehört es, dass nicht durch Planungsentscheidungen auf Landes- oder Bundesebene die vielfältigen ländlichen Räume zum Ausfallbürgen für die Verdichtungsräume werden. Der ländliche Raum ist nicht einfach dazu da, wie der Bayerische Landkreistag jüngst zutreffend formuliert hat, den Energieversorger für den Verdichtungsraum zu spielen, solange auch die Potenziale in den Städten, bspw. auf den Dächern, nicht umfassend genutzt werden.


Klarheit über den Energiebedarf schaffen

Das heißt, wir brauchen Klarheit darüber, wie viel Energie insgesamt und dann differenziert in welchen Regionen für ein Gelingen der Energiewende produziert werden muss. Auf der Basis dieser Berechnungen muss dann, entweder auf der Ebene der Landkreise oder der Regionalen Planungsverbände, ein Konzept erstellt werden, wie dieser Strombedarf gestillt werden kann – technologieoffen. Die Verantwortung muss auf kommunale und regionale Ebene verlagert werden – diese Form der Beteiligung gewährleistet zum einen umsetzbare Konzepte und zum anderen eine größtmögliche Akzeptanz in der Bevölkerung. Denn ein Zurückgeben der Aufgabe, den Energiebedarf klimaneutral zu gewährleisten, kann es nicht geben.

Als Realist gehe ich davon aus, dass es ein Mix unterschiedlicher Energieträger sein wird, also Photovoltaik und Windkraft, Biomasse und Wasserkraft, aber eben je nach lokalen und regionalen Gegebenheiten. Dieser Weg ermöglicht meines Erachtens zum einen tatsächlich funktionierende Konzepte, zum anderen auch die notwendige möglichst breite Akzeptanz in der Bevölkerung.


Verantwortung vor Ort sichert Akzeptanz

Ohne breite Akzeptanz in der Bevölkerung wird die Klimawende nicht gelingen! Wir, damit meine ich die bayerischen Landkreise, verweigern uns daher nicht gegen konkrete Ausbauziele für Erneuerbare Energien, gemessen an Leistung in Megawatt, die regional technologieoffen, flexibel und bedarfsorientiert unter Beteiligung der Verantwortlichen vor Ort umgesetzt werden müssen. Wir wehren uns aber gegen zentralistische Festlegungen, die zu einem ungesteuerten Ausbau egal ob bei der Freiflächen-PV oder Windkraft sowie zu einer Aushöhlung der kommunalen Planungshoheit führen werden.


Landkreise in Bayern sind bereit zum Anpacken

Die traditionelle Rolle der Landkreise, das ist unser Selbstverständnis, liegt im erfolgreichen Umsetzen, im konkreten Machen! Wir sorgen dafür, dass es funktioniert! Wir brauchen daher einen konkreten und gangbaren Weg der Veränderung, denn eine gravierende Gefährdung wie durch die Klimakatastrophe verleitet aufgrund der Dringlichkeit mitunter vorschnell zu radikalen Antworten. Radikale Antworten alleine, wie 2% der Fläche für Windkraft, vollkommen unabhängig von den regionalen und örtlichen Gegebenheiten, lösen aber nicht unsere Probleme und ebnen nicht den Weg zu einer umfassend gelingenden Energiewende. Vielmehr gefährden sie die Akzeptanz politischer Lösungen in der Bevölkerung und sind nicht der richtige Weg. Wer radikalisiert, der verliert. Damit meine ich nicht in erster Linie Wahlen, sondern das so elementar wichtige Vertrauen der Menschen und damit die notwendige Unterstützung der Bevölkerung bei der erfolgreichen Bewältigung eben dieser existentiellen Herausforderung. Die Position des Bayerischen Landkreistags finden Sie hier: Aktuelles - Bayerischer Landkreistag (bay-landkreistag.de)


Positionspapier des Bayerischen Landkreistags zur Energiewende und zum Klimaschutz

Der Bayerische Landkreistag und die bayerischen Landkreise haben mit ihrer Resolution zum Klimaschutz als auch auf Arbeitsebene bereits konkrete Vorschläge gemacht, wie man die gemeinsame Herausforderung, der wir uns stellen, durch eine strukturierte Herangehensweise besser bewältigen kann. Mehr Informationen zu dem Positionspapier der bayerischen Landkreise finden Sie unter https://jensmarcoscherf.blogspot.com/2021/11/das-positionspapier-der-bayerischen.html


Konkrete Schritte für die Energiewende und den Klimaschutz

Wir bayerischen Landkreise setzen uns hier auch gerne mit Bundes- und Landesregierung zusammen, um unsere Ideen vertiefend zu erörtern. Klimawende heißt Energiewende und die schaffen wir nur gemeinsam!


Beitrag des Landkreises Miltenberg zum Gelingen der Energiewende!

Im Landkreis Miltenberg leisten wir unseren Beitrag unter anderem mit der Umsetzung des Beschlusses zur klimaneutralen Verwaltung, dem klimaneutralen Strombezug, dem Photovoltaikprogramm unserer Liegenschaften und dem Nachhaltigkeitsprinzip bei den Generalsanierungen unserer Schulen. In Sachen Mobilität ist das Radwegekonzept des Landkreises Miltenberg Grundlage für eine Reduzierung des Autoverkehrs gerade im Nahbereich, ebenso die kontinuierliche Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs mit Bus und Bahn im Landkreis und in der Region mit der 2021 gegründeten AMINA – Aschaffenburg-Miltenberg Nahverkehrsgesellschaft.


Klimabilanz 2022 und Überarbeitung des Integrierten Klima- und Energiekonzeptes

Für das Jahr 2022 steht unter anderem eine neue Klimabilanz und die Überarbeitung des regionsweiten Integrierten Klima- und Energiekonzepts für die Energiewende über die Energieagentur Untermain an. Ganz im Sinne meiner Überzeugung – die Energiewende und der Klimaschutz brauchen konkrete Schritte!

Jens Marco Scherf, Landrat


Für weitere Informationen:

Der Energiemonitor des Landkreises Miltenberg: 

https://jensmarcoscherf.blogspot.com/2021/11/der-energiemonitor-des-landkreises.html


Die Energieagentur Untermain:

https://www.energieagentur-untermain.de/home/


Klimaschutzangebote im Landratsamt Miltenberg:

https://www.landkreis-miltenberg.de/Energie,Natur-Umwelt/Klimaschutz.aspx


Das Solarpotentialkataster für den Bayerischen Untermain:

https://www.energieagentur-untermain.de/beratung/solarpotenzialkataster/


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