Liebe Bürgerinnen und Bürger,
der Klimaschutz ist spätestens im Jahr 2021 mit der notwendigen Aufmerksamkeit in der politischen und öffentlichen Diskussion angekommen. Klimaschutz ist DIE Herausforderung in unserem Jahrzehnt bzw. für unsere Generation. Politisch gesehen sind die Landkreise gleich doppelt mit den Themen Klimaschutz sowie Energie- und Verkehrswende betroffen. Zum einen setzen wir als untere staatliche Behörde gesetzliche Vorgaben von Bund und Freistaat um, zum anderen sind wir im eigenen Wirkungskreis tätig und versuchen hier aktiv einen eigenen Beitrag zu leisten.
Klimaschutz ist eine wichtige Aufgabe für den Landkreis Miltenberg
Die bisherigen Maßnahmen des Landkreises Miltenberg sind vielfältig. Sie reichen vom Unterhalt einer Energieagentur am Bayerischen Untermain mit zahlreichen Projekten wie Energieberatung, Energiecoaching und Netzwerkarbeit (z.B. Ökoprofit für Unternehmen) bis hin zur Klimabilanzierung für den Landkreis und die Region Bayerischer Untermain bis zu konkreten Projekten. Hier nenne ich nur beispielhaft die Generalsanierung von Schulen wie HSG Erlenbach und JBG Miltenberg nach der Lebenszyklusbetrachtung, den Aufbau und Betrieb eines Nahwärmenetzes für das Schulzentrum Miltenberg-Nord, den Umbau der Heizungsanlage im Landratsamt oder das Photovoltaikprogramm für die Liegenschaften des Landratsamtes. Aber auch die Konzipierung und nun schrittweise Umsetzung des Radwegekonzeptes für den Landkreis oder den Ausbau des ÖPNV-Angebots im Landkreis Miltenberg müssen für den Bereich der Mobilität erwähnt werden. Nicht zuletzt die Gründung der Aschaffenburg Miltenberg Nahverkehrsgesellschaft im Jahr 2021 legt die Grundlage für eine konzeptionelle Verbesserung des ÖPNV-Angebots im Landkreis Miltenberg. Im Dezember wird eine neue Expressbuslinie aus dem nördlichen Landkreis direkt zur S-Bahnlinie 1 an den Start gehen, mittlerweile haben wir ein digitales Ticket über www.bahn.de und für das Jahr 2022 setze ich auf eine Ausweitung des Auf-Achse-Tickets auf den Zeitraum Montag bis Freitag für Gelegenheitsfahrten.
Green Deal der Europäischen Union – ein klimaneutrales Europa
Die neuen politischen Ziele in Sachen Klimaschutz durch die Europäische Union sowie auf Bundes und bayerischer Ebene bedürfen der Konkretisierung. Alleine von der Deklaration, dass Europa bis 2055 klimaneutral, die Bundesrepublik dieses Ziel bis 2050 und Bayern diesen Status bereits bis 2045 erreicht haben will, sind wir noch keinen konkreten Schritt vorangekommen. Es bedarf vieler konkreter Schritte. Da die Landkreise in Bayern, wie eingangs erwähnt, sowohl als untere staatliche Behörde als auch als Landkreis im eigenen Wirkungskreis entscheidend an der Umsetzung aller Schritte beteiligt sind, hat sich der Bayerische Landkreistag das Thema Klimaschutz zum Schwerpunkt der Landkreistage 2021 gesetzt. Die Vorbereitung des Positionspapieres oblag dem Ausschuss für Landesentwicklung und Umwelt (unter meinem Vorsitz) in enger Abstimmung mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr (unter Vorsitz meines Kollegen Franz Löffler). Für die gute Arbeit aller Kolleginnen und Kollegen gilt mein ausdrücklicher Dank!
Im diesem Blog möchte ich Ihnen zunächst meine Rede zum Positionspapier am 28.10.2021 beim Bayerischen Landkreistag in Dachau und anschließend auch das Positionspapier zur Verfügung stellen.
Die Rede zur Präsentation des Positionspapieres auf dem Bayerischen Landkreistag am 28. Oktober 2021:
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Im Mittelpunkt unserer Tagung steht mit der Herausforderung Klimaschutz, Energie- und Verkehrswende das zentrale gesellschaftliche Thema, das nicht nur Politik, sondern die gesamte Gesellschaft und die Öffentlichkeit bewegt. Erst in dieser Woche wurde gemeldet: Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat im Jahr 2021 einen historischen Höchststand in der Menschheitsgeschichte erreicht – und die Zunahme hat sich im Vergleich zum Anstieg in den 10er Jahren unseres Jahrhunderts erneut verstärkt.
Wenn wir den Klimaschutz erfolgreich umsetzen wollen, müssen sich die Bayerischen Landkreise hiermit auseinandersetzen, denn: Die traditionelle Rolle der Landkreise in Bayern, das ist unser Selbstverständnis und sozusagen unsere DNA, liegt im erfolgreichen Umsetzen, das konkrete Machen! Wir sorgen dafür, dass es funktioniert! „Es“ ist jeweils das, was gerade umgesetzt werden muss.
Deshalb ist es wichtig und gut, dass wir Landkreise uns konkret und detailliert mit der Frage auseinandersetzen: Wie und unter welchen Voraussetzungen können die ambitionierten Klimaschutzziele und die dafür notwendige Energie- und Mobilitätswende gelingen – gerade aus der Perspektive der Landkreise und der vielfältigen ländlichen Räume, in denen 70% der bayerischen Bevölkerung leben?
Diese zentrale Frage – wie soll das gelingen - bewegt zurecht viele Menschen, gerade dann,
- wenn sie in der energieintensiven Industrie arbeiten,
- wenn sie bislang ohne echte Alternative mit dem Auto pendeln oder
- wenn sie ihre Energierechnung ansehen, und ist damit auch Anlass echte Sorge.
Wir brauchen den konkreten und gangbaren Weg der Veränderung, denn eine gravierende Gefährdung wie durch die Klimakatastrophe verleitet aufgrund der Dringlichkeit mitunter vorschnell zu radikalen Antworten. Radikale Antworten alleine lösen aber nicht unsere Probleme. Vielmehr gefährden gerade radikale Antworten die Akzeptanz politischer Lösungen und sind nicht der richtige Weg. Wer radikalisiert, der verliert. Damit meine ich nicht in erster Linie Wahlen, sondern das so elementar wichtige Vertrauen der Menschen und damit die notwendige Unterstützung der Bevölkerung bei der erfolgreichen Bewältigung eben dieser existentiellen Herausforderung.
Anstelle radikaler Forderungen und falsch-einfacher Antworten brauchen wir nachvollziehbare und konkret definierte Schritte hin zu den notwendigen fundamentalen Veränderungen, um erfolgreich Klimaschutz zu erreichen und die Energie- und Verkehrswende gelingen zu lassen.
Die fundamentalen Veränderungen sind eine konsequente Abkehr von fossilen Energien, einen Sprung in eine Solar-Wind-Wasserstoff-Ökonomie, ein neues von Verantwortung geprägtes Verhältnis zu unserer Natur, Kooperation statt Ausbeutung, um letztlich nicht mehr und nicht weniger zu erreichen als eine grundlegende Veränderung der uns gewohnten industriellen Moderne.
Damit dieser Veränderungsprozess gelingen kann, müssen die zentralen Fragen (Umbau der industriellen Produktion, Veränderung der Mobilität und die Umstellung der Energieerzeugung) konkret und nachvollziehbar beantwortet werden.
Daneben müssen wir die Folgen des bereits wirkenden Klimawandels angehen. Wir müssen gewappnet sein: bei Unwettern, Starkregen und Hochwasser ebenso wie bei Hitze, Dürren und Trockenperioden mit den entsprechenden Folgen für den Siedlungsbau oder den Umbau der gerade im fränkischen oft kommunalen Wälder.
Mit der beschlossenen Resolution zum Klimaschutz definieren die bayerischen Landkreise Leitplanken, wie diese grundlegende Veränderung vor Ort und gemeinsam mit den Menschen gelingen kann. Die Landkreise leisten schon heute einen starken substantiellen Beitrag zur Klima-, zur Energie- und zur Verkehrswende. Nicht nur in ihren Liegenschaften, mit ihrem Fuhrpark und in den Verwaltungen – auch mit und zusammen mit ihren Gemeinden und ihren Bürgerinnen und Bürgern.
Unsere Mittel sind aber begrenzt, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. Und wenn wir neue Aufgaben auferlegt bekommen, dann brauchen wir auch das notwendige Personal und die entsprechenden finanziellen Ressourcen. Die Landkreise nehmen selbst keine Steuern ein. Sie finanzieren sich im Wesentlichen über den allgemeinen Finanzausgleich und die Kreisumlage.
Der Klimaschutz ist für die bayerischen Kommunen nach wie vor rechtlich betrachtet keine Pflicht, sondern eine freiwillige Aufgabe! Recht und Wirklichkeit fallen hier schlicht auseinander. Das zeigt der tägliche Austausch mit den Ministerien auf Verbandsebene - mit stetig neuen Arbeitsgruppen und immer neuen Fragen, was die Kommunen für den Staat tun können.
Auch unseren staatlichen Landratsämtern bürdet man durch EU- und Bundesrecht immer mehr auf. Oft ohne den nötigen finanziellen oder personellen Ausgleich. Wir sind dennoch bereit, weiterhin und mehr Verantwortung zu übernehmen.
Dafür muss die Umsetzung der Klimaziele – die kommenden Maßnahmen und Gesetze - an den Grundsätzen von Zuständigkeit, Leistungsfähigkeit und Praktikabilität ausgestaltet werden. Wir brauchen keine zusätzliche Bürokratie und keine Titel ohne Mittel. Was wir brauchen ist ein fairer Austausch auf Augenhöhe, klare Zuständigkeiten und eine angemessene Finanz- und Personalausstattung. Hierfür müssen Bund und Staatsregierung Sorge tragen. Wir werden hier noch stärker als in der Vergangenheit auf die Prinzipien der Konnexität hinweisen.
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. Jeder muss seinen Beitrag leisten.
Klar ist: Ohne die nötige Akzeptanz vor Ort werden Klima-, Energie- und Verkehrswende nicht gelingen. Wir müssen die Menschen vor Ort mitnehmen und einbinden in den Veränderungsprozess.
Dafür müssen alle Maßnahmen von Bund und Freistaat an den unterschiedlichen Herausforderungen in den Ballungsräumen und den ländlichen Räumen orientiert sein. Der Grundsatz gleichwertiger Lebensverhältnisse muss gelebt werden.
Das bedeutet beispielsweise, dass es ohne Individualverkehr im ländlichen Raum nicht gehen wird. Oder wollen Sie jemanden, der heute bereits 80 oder 100km in die Arbeit pendelt, erklären, dass er nicht mehr mit dem Auto, sondern öffentlich fahren soll und dafür drei oder vier Mal umsteigen und die dreifache Zeit aufbringen soll? Was in der Stadt durch Taktverdichtung und ähnlichen Maßnahmen geht, wird im ländlichen Raum nicht vollumfänglich funktionieren. Hier braucht es passende Ansätze zu einem guten Mix in Sachen Mobilität, jetzt wie in der Zukunft!
Wir Landkreise haben uns bereits auf den Weg gemacht, den ÖPNV auszubauen. Aber egal ob es neue Linien oder flexible On-Demand-Verkehre sind, dieser Weg kostet viel Geld! Es darf sich bei der Verkehrswende nicht das wiederholen, was bei den Sozialleistungen geschehen ist, dass auf Bundesebene Leistungen beschlossen werden, die Rechnung aber an die kommunale Ebene geht.
Deshalb: Wir Landkreise dürfen uns beim Thema Klimaschutz nicht unter Wert verkaufen. Die Wertschöpfung – ökologisch wie ökonomisch - muss vor Ort verbleiben. Wieso braucht es Rechtsanwälte um zu klären, ob man als Landkreis eine Freiflächen-PV aufstellen oder sich an einem Bürgerwindpark beteiligen darf? Oder, ob Energie als Abfallprodukt einer thermischen Abfallverwertung überhaupt veräußert werden darf? Ob der bestehende Rechtsrahmen (Kommunalrecht) dafür nachjustiert werden muss? Ich meine ja, bin aber gespannt auf die Ausführungen unserer Referenten hierzu.
Einig, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, sind wir uns jedenfalls in einem Punkt: Die Landkreise sind nicht das Auffangbecken für unliebsame Aufgaben. Jeder muss seinen Beitrag leisten.
Überspitzt: Solange nicht jedes Dach in der Stadt mit PV-Anlagen vollgemacht wird, kann die Forderung nicht lauten, der ländliche Raum solle sich nicht so haben, egal ob es um die Windkraft, die Freiflächenphotovoltaik oder die Ausgleichsflächen geht. Wir Landkreise sind nicht die Resterampe der Ballungsräume!
Eines ist ganz wichtig, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. Wir alle sind für Erneuerbare Energien, für die Artenvielfalt und für die Biodiversität. Genau deshalb darf der Ausbau der Windkraft eben so wenig wie der Ausbau der Freiflächenphotovoltaik nach dem Prinzip des Zufalls oder Wildwuchs oder gar über unsere Köpfe hinweg verordnet werden - sondern selbstgesteuert und in geordneten Bahnen. Überörtliche Angelegenheiten müssen hierbei auch überörtlich angegangen werden. Jeder muss seinen Beitrag leisten - Stadt wie Land. Und: Verbleibende, unvermeidbare Belastungen des ländlichen Raums müssen ausgeglichen werden.
Lassen Sie mich zum Schluss betonen: Mit der derzeitigen Finanz- und Personalausstattung werden wir als Landkreise den bestehenden Herausforderungen nicht gerecht werden können. Und das ganz ohne Aufgabenmehrung. Die Staatsregierung muss sich hiermit auseinandersetzen! Neue oder zusätzliche Aufgaben auf Basis von EU- oder Bundesrecht müssen konnexitätskonform ausgestaltet werden. Bund und Staatsregierung müssen für den Ausbau der Finanzierungsströme vielleicht auch neue Wege gehen: Beispielsweise durch die Beteiligung der Landkreise an den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung.
Wir sind uns einig, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen: Die Aufgaben sind groß, die Erwartungshaltung hoch. Wir werden weiterhin unseren Beitrag leisten.
Resolution zum Klimaschutz des Bayerischen Landkreistags
Die diesjährigen Flut- und Unwetterkatastrophen haben die Auswirkungen des Klimawandels in einem noch nicht dagewesenen Maße auch in Deutschland spürbar gemacht. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass man an der „Schwelle epochaler Veränderungen steht: Nicht nur irgendwo in der Welt, sondern ganz konkret in Deutschland und auch in Bayern“. Die auf europäischer, nationaler und bayerischer Ebene vereinbarten Ziele und angedachten Maßnahmen zum Klimaschutz sowie zur Energiewende sind infolge substantieller Natur; sie werden erhebliche Anstrengungen mit sich bringen und einen tiefgreifenden Einfluss auf das Leben der Menschen vor Ort und die lokalen und regionalen Handwerksbetriebe und Unternehmen haben. Bei der Umsetzung der Klimaziele muss darauf geachtet werden, dass die notwendigen Maßnahmen in Einklang gebracht werden mit wirtschaftlicher Entwicklung, Sicherung des Wohlstands, industrieller Wertschöpfung, sozialem Augenmaß sowie - mit Blick auf die mehr als neun Millionen Menschen, die in Bayern im kreisangehörigen Raum leben - nicht zuletzt dem Verfassungsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land.
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und erfordert globale Lösungsansätze. Gleichwohl sind Landrätinnen und Landräte zentrale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vor Ort. Die Landkreise werden weiterhin ihren Anteil zur Erreichung der Klimaziele und Energiewende leisten, indem sie beim Klimaschutz und bei der Nutzung von erneuerbaren Energien weiter aktiv vorangehen. In Anerkennung ihrer Verpflichtung für die nachfolgenden Generationen sowie zur Positionierung mit Blick auf kommende Gesetzgebungsmaßnahmen auf EU-, Bundes- und Landesebene verabschiedet der Bayerische Landkreistag folgende
Resolution zum Klimaschutz des Bayerischen Landkreistags
Die bayerischen Landkreise
sind sich ihrer Verantwortung zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutz-Abkommens und den davon abgeleiteten Zielen des europäischen Green Deals, der Bundesregierung sowie der Bayerischen Staatsregierung bewusst. Sie heben hervor, dass die Landkreise bereits heute durch vielfältige Maßnahmen einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und im eigenen Wirkungskreis sowie im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben auch zukünftig als verlässlicher und engagierter Partner am Gelingen der Klima- und Energiewende substantiell mitwirken.
unterstützen hierzu die Grundsätze von Technologieoffenheit, marktwirtschaftlichen Lösungen und der notwendigen Verzahnung unterschiedlicher Instrumente, den Ausbau eines sektorenübergreifenden Emissionshandels- und Anreizsystems sowie die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems nach europäischen Vorgaben. Sie plädieren dafür, dass der vorgesehene Mechanismus dahingehend beschränkt wird, dass Ausgleichszahlungen nur so weit gehen dürfen, wie Maßnahmen des Klimaschutzes zur CO2-Minderung konkret beitragen. Darüber hinaus muss auch im Bereich der Exporte durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommt.
begrüßen den Vorschlag zur Verbesserung der Informationen und von Anreizen zur Erhöhung der nationalen Renovierungsquoten und unterstützen Maßnahmen zur langfristigen Dekarbonisierung von Gebäuden ebenso wie die Einführung einheitlicher europäischer Standards, die erstmals eine europaweite Vergleichbarkeit des Gebäudebestands gewährleisten. Fortlaufende Überwachungs- und Berichtspflichten werden demgegenüber ebenso kritisch gesehen wie starre Renovierungsquoten. Zusätzliche Bürokratie trägt weder zur Erreichung der Klimaziele bei, noch schafft sie dringend benötigten Wohnraum oder verbessert die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen der Kommunen.
unterstreichen die Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zur Umsetzung der Vergaberichtlinien, wonach lokale und regionale Gebietskörperschaften auch das lokale Wirtschaftswachstum und örtliche Strukturen zum Zwecke des Klimaschutzes und einer positiven Umweltbilanz durch regionale Vermarktungsströme statt langer Transportwege (z. B. „Holz von hier“) im Sinne des sogenannten Prinzips „buy local“ fördern können sollen.
befürworten ein überörtliches und naturraumbezogenes Klima- und Kompensationsmanagement als Beitrag zu einem maßvollen Flächenverbrauch in Stadt und Land sowie zu einer klimaoptimierten Bodennutzung. Bestehende Nutzungskonflikte des nach Naturschutzrecht erforderlichen Ausgleichs können insbesondere mit agrarstrukturellen Erfordernissen und einem möglichst geringen bürokratischen Aufwand so besser in Ausgleich gebracht werden.
erklären, dass zusätzlich zur Nutzbarmachung von Leerständen, von Entsiegelungsmaßnahmen, von gebäude- und agrarintegrierten EE-Produktionsstandorten sowie von projektintegrierter Kompensation zusätzliche Synergieeffekte zugunsten des Klimaschutzes erschlossen werden können, soweit insbesondere Flächentausch- und Flächenmanagementmaßnahmen gefördert sowie natürliche CO2-Speicher, wie Moore, Wälder und Humusböden, strategisch einbezogen und zur Kompensation herangezogen werden.
unterstützen das Ziel von schnelleren und effizienten Genehmigungsverfahren nicht durch Verfahrensverzicht oder Genehmigungsfiktion, sondern durch die Ermöglichung einer vollständig digitalen und zeitgleichen Verfahrensabwicklung mittels Etablierung einer bayernweiten Plattform für Fachstellenbeteiligung und digitale Behördenzusammenarbeit sowie durch Erhöhung der Antragsqualität mittels Überprüfung der einschlägigen berufsrechtlichen Anforderungen an Planer und Prozessbeteiligte. Handlungspotentiale bestehen zudem auf Ebene der bautechnischen Vorschriften. Inkonsistenzen und Widersprüche zwischen europäischem Bauproduktenrecht und nationalem Bauwerksrecht führen nicht nur zu Mehrkosten und Rechtsunsicherheiten für die Bauwirtschaft, sie verkomplizieren auch die bautechnische Prüfung und verlängern damit die Verfahrens- und Projektlaufzeit.
erkennen an, dass sich die Einsparziele für Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor nur durch einen Umstieg auf klimaschonende Antriebstechniken unter Verwendung regenerativer Energieträger, den Ausbau des SPNV und ÖPNV sowie Strategien zur Verkehrsverlagerung und Verkehrsvermeidung erreichen lassen. Der dafür erforderliche Aufbau eines attraktiven, grenzüberschreitenden Tank- und Ladesäulennetzes sowie der Ausbau und die Elektrifizierung der Schieneninfrastruktur muss von Bund und EU im Ballungs- wie im ländlichen Raum zügig umgesetzt werden, ebenso wie die Vorhaltung einer flächendeckenden digitalen Infrastruktur. Im Interesse gleichwertiger Lebensverhältnisse darf die Entwicklung nicht allein dem Markt überlassen werden, sondern ist die Versorgungssicherheit in der Fläche durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten. Die neuen Gruppenfreistellungen in der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, mit denen der Bau, die Installation oder die Modernisierung der Lade- oder Tankinfrastruktur zur Versorgung von Fahrzeugen mit Strom oder erneuerbarem Wasserstoff ohne langwierige Vorab-Notifizierung bei der EU-Kommission finanziert werden können, sind insofern zu begrüßen. Bis zum vollständigen Ausbau des ÖPNV und dem Vollzug der Antriebswende ist den finanziellen Mehrbelastungen gerade der Menschen im ländlichen Raum, die über keine vergleichbaren Alternativen zur Befriedigung ihrer Mobilitätsbedürfnisse verfügen, durch eine Erhöhung der Pendlerpauschal Rechnung zu tragen.
erwarten vom Freistaat zur Erschließung aller größeren Orte eine deutliche Ausweitung des SPNV-Angebots und - wo Streckenreaktivierungen an wirtschaftliche Grenzen stoßen oder bisher Bahnanbindungen fehlen - die Einrichtung landesbedeutsamer Buslinien und flexibler, zeitgemäßer Angebote. Zudem streben die Landkreise eine deutliche Verbesserung des ÖPNV-Angebots an. Der verstärkte ergänzende Einsatz von Linienbedarfsverkehren (On-Demand-Verkehren) - insbesondere in der Fläche - und eine Erhöhung der Beförderungskapazitäten in den Ballungsräumen sind neben einer Vernetzung aller Verkehrsträger nötig, um die seitens der Verkehrsministerkonferenz geforderte Verdoppelung der Fahrgastzahlen im ÖPNV zu erreichen. Die Landkreise werden hierzu einen eigenen Beitrag leisten, sind jedoch auf eine massive Erhöhung insbesondere der Regionalisierungsmittel des Bundes und der ÖPNV-Zuweisungen des Freistaats angewiesen. Drittfinanzierungsmittel können ein sinnvoller Beitrag sein, um die Finanzierungslücken zu schließen und die Verkehrsbelastung zu regulieren. Der flächendeckende Ausbau des ÖPNV-Angebots muss Vorrang gegenüber der Einführung von sehr günstigen Flatrate-Tarifen haben, die bei hohem Finanzierungsaufwand für den Angebotsausbau das bestehende Defizit in der ÖPNV-Finanzierung zusätzlich vergrößern.
betonen die Bedeutung des Radverkehrs für das Gelingen der Mobilitätswende und für eine vernetzte Mobilität in der Erwartung, dass Land und Bund entlang von Bundes- und Staatsstraßen Radwege selbst ausbauen, die Fahrradmitnahme im Bahnverkehr erleichtern und durch eine Verstetigung der Förderung des Radverkehrs die Gemeinden, Städte und Landkreise über 2023 hinaus insbesondere finanziell unterstützen, um kreisweite bzw. kreisübergreifende Fahrradkonzepte gemeinsam fortentwickeln und ausbauen zu können.
betonen, dass sich die Auswirkungen des Klimawandels regional manifestieren und das Gelingen von Klima-, Energie- und Verkehrswende wesentlich von der Akzeptanz vor Ort sowie klar abgrenzbaren Zuständigkeiten von Staat und Kommunen abhängt. 70% der bayerischen Bevölkerung lebt in kreisangehörigen Räumen. Dies bedeutet, dass unvermeidbare Lasten, die insbesondere im ländlichen Raum anfallen, durch Entlastungsmaßnahmen zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse (Verbesserung der digitalen Infrastruktur, der medizinischen Versorgung, ÖPNV-Ausbau, etc.) auszugleichen sind, Wertschöpfungspotenziale in den Landkreisen realisiert werden müssen und der ökologische Ertrag der Klimaschutzmaßnahmen vor Ort verbleiben sollte. Die Klimaziele dürfen nicht - auch nicht faktisch - bis auf die kreisliche Ebene delegiert werden, ohne konkrete Aufgaben zu definieren sowie notwendige Strukturen und Ausgleiche zu schaffen. Insbesondere muss klar sein, welche Rolle der Staat den Landratsämtern zukommen lässt, sprich, ob sie neben den im eigenen Wirkungskreis bestehenden Aufgaben der Landkreise auch staatliche Aufgaben wahrnehmen sollen oder sich aus eigenem Antrieb zu Gunsten von Klimaschutz und Netzstabilität energiewirtschaftlich betätigen dürfen.
stellen fest, dass die Intensivierung der Anstrengungen zur Erreichung der Klimaziele bereits für die bestehenden Aufgaben nur durch Sicherstellung einer leistungsfähigen Personal- und Finanzausstattung der kreislichen Ebene erfolgreich umgesetzt werden kann, die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen sowie des hierfür notwendigen Personals gegenwärtig aber stark projektgebunden ist und vor allem über Fördermittel des Bundes erfolgt. Wiederkehrende Antragsverfahren mit kurzer Projektlaufzeit widersprechen der Daueraufgabe Klimaschutz, dem einhergehenden Erfordernis von Planbarkeit und Rechtssicherheit und führen zu einem ineffizienten Verwaltungsaufwand der in doppelter Weise Ressourcen bindet, um sich selbst zu verwalten. Die Übertragung eventueller neuer Aufgaben sowie eine Erweiterung bestehender Aufgaben aufgrund von europa- oder bundesrechtlichen Vorschriften muss sich zudem stets am Verbot des Aufgabendurchgriffs messen lassen und auf Landesebene konnexitätskonform ausgestaltet werden.
mahnen an, dass der bestehende Rechtsrahmen auf EU-, Bundes- und Landesebene den Zielen des Klimaschutzes und der CO2-Reduktion teilweise entgegensteht, indem er in wesentlichen Bereichen, wie beispielsweise in den Sektoren Bau, Verkehr und Energie, regionale Strukturen behindert oder Synergieeffekte ungenutzt lässt. Unter anderem erfordern der Erhalt der Netzstabilität als auch die Ziele der Entwicklung und Sicherstellung einer gemischt zentral-dezentralen Energie- und Wärmeversorgung eine landkreisweite Betrachtung sowie die Möglichkeit zur Teilhabe.
fordern dazu auf, Ziele und Maßnahmen an den unterschiedlichen Bedürfnissen und den Herausforderungen von Stadt und Land zu orientieren und unter Einbeziehung und Mitsprache der Landkreise flexibel auszugestalten. Die Maßnahmen und Ziele müssen zudem in Einklang gebracht werden mit dem bestehenden sozialen Gefüge, wirtschaftlicher Entwicklung, Sicherung von Wohlstand und industrieller Wertschöpfung. Das Einsparpotential konkreter Klimamaßnahmen muss in Bezug auf die jeweiligen Stückkosten vergleichbar sein, ihre Anerkennungsfähigkeit muss rechtsverbindlich feststehen.
fordern Bund und Länder in Anerkennung ihrer föderalen Verantwortung dazu auf, die Finanzierung der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen und damit einhergehenden Aufgaben auf Ebene der Landratsämter durch die Schaffung unbefristeter Personalstellen sowie auf kreislicher Ebene mittels einer grundständigen Mittelzuweisung dauerhaft zu verstetigen. EU, Bund und Staatsregierung sind aufgefordert, die Landkreise hierzu unmittelbar an den aus der CO2-Bepreisung, dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus und der Energiebesteuerung entstehenden Erlösen durch Etablierung neuer Finanzströme angemessen zu beteiligen.
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