Montag, 28. Juni 2021

Natur: Die Weißstörche sind zurück im Landkreis Miltenberg!


Fotos: Winfried Zang


Liebe Bürgerinnen und Bürger,

es ist nun über 70 Jahre ist her, dass zuletzt ein Weißstorchenpaar im Landkreis Miltenberg gebrütet hat – damals auf dem Pfarrhaus in Sulzbach am Main. Warum die Störche danach verschwunden sind, weiß niemand. Nun aber ist das Warten vorbei und nicht nur meine Freude ist groß: Nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder Störche im Landkreis Miltenberg gesichtet wurden, wird im Frühjahr 2021 erstmals wieder gebrütet!

Ein Paar dieser Zugvögel hat sich auf einem ehemaligen Graureiherhorst auf dem Gelände des Industriecenters Obernburg niedergelassen und zieht drei derzeit Jungvögel auf. Ein gutes Fernglas ist notwendig, damit man die Weißstörche vom gegenüberliegenden Mainufer erkennen kann.

Als Thomas Staab vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) davon erfuhr und mich darüber informierte, war die Freude natürlich groß. In Kleinostheim brüten Störche, im benachbarten Hessen auch und so war es dem Vogelexperten klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die Tiere auch im Landkreis Miltenberg wieder zu Gast sein würden. Vom Obernburger Mainufer aus beobachtete ich am Freitag gemeinsam mit Thomas Staab den auf einer hohen Kiefer liegenden Horst. Da der Storch ein Kulturfolger ist, seien die Tiere an Menschen gewöhnt, beruhigte mich Thomas Staab ob des interessanten Standorts am Main zwischen dem zweitgrößten Chemistandort Bayerns und der stark befahrenen B469 auf der anderen Mainseite. Aber die Störche kennen sich gut aus mit dem Menschen und dessen Eigenarten – schließlich nutzen sie auch Industriebauten, Kamine und Kirchtürme für den Horstbau. Ein Weißstorch-Schutzprogramm des LBV half in Bayern in den letzten Jahrzehnten den Störchen bei der Ansiedlung. Dadurch wurden Nahrungsmängel beseitigt und die Nester betreut.

                                              

Offenbar haben die Störche laut Thomas Staab hier gute Bedingungen für eine Brut vorgefunden, denn den drei Jungvögeln gehe es gut. Staab: „Sie machen einen propperen Eindruck.“ Ständig bleibt ein Elternteil im Horst, damit nicht Raubvögel wie der ebenfalls im Landkreis Miltenberg wieder sehr häufige Milan das Nest räubern. Ein Elternteil ist für die Nahrungsbeschaffung zuständig und kommt regelmäßig zur Fütterung in den Horst. Die Mainwiesen rund um Obernburg, Elsenfeld und Erlenbach bieten den Weißstörchen ein reichhaltiges Nahrungsangebot und die nasse Witterung der letzten Tage hat den Tieren eine gut gedeckte Tafel mit Mäusen, Fröschen, Eidechsen und Insekten beschert. „Hitzeperioden und Trockenheit vertragen Weißstörche nicht“, erklärte Staab.

Die brütenden Altvögel habe man am 9. Mai entdeckt, der erste Jungvogel sei am 2. Juni bemerkt worden. Die Weißstörche hätten relativ spät mit der Brut begonnen, weiß der LBV-Regionalgeschäftsführer, denn die Brutzeit beginne eigentlich im April. Dass die Obernburger Störche spät dran waren, erklärt sich Staab damit, dass sie offenbar eine weitere Reise aus dem Süden zurückgelegt haben als ihre Artgenossen in Kleinostheim, die mit ihrer Brut weiter fortgeschritten seien. Störche hätten auch viel Glück nötig, um die weite Reise von und nach Afrika zu überstehen, weiß Staab: Sie brauchen Thermik – und die ist über Wasserflächen wie der Meerenge von Gibraltar oder dem Bosporus problematisch. Darüber hinaus seien viele traditionelle Rastplätze der Störche mittlerweile verbaut, in Afrika würden die Tiere zudem geschossen.


Mitte Juli geht es schon zurück Richtung Afrika

Thomas Staab rechnet damit, dass die Jungstörche etwa Mitte Juli ihren Weg nach Süden antreten werden, die Altvögel folgen später. Da Störche eine gewisse Standorttreue haben, könne man darauf hoffen, dass die Tiere auch in den folgenden Jahren wieder ihren Weg nach Obernburg finden, glaubt Staab. Die Jungvögel aus dem Horst im ICO werden zwischen drei und fünf Jahren bis zur Geschlechtsreife brauchen, dämpft Staab die Hoffnung auf viele Nester im kommenden Jahr. Da Weißstörche aber über 35 Jahre alt werden können, sei die Chance gut, die Tiere später hier brüten zu sehen.

Es ist einfach ein wunderbarer Anblick und es lässt mir wirklich das Herz höherschlagen, wenn ich das Horst mit dem Fernglas in Augenschein nehme. Noch größer war unsere Freude, als während der Horstbeobachtung mehr als zehn junge Weißstörche über den Mainwiesen kreisten – ein sensationelles Naturspektakel. Diese Tiere waren in den letzten Tagen schon auf den Mainwiesen gesichtet worden, als sie nach Nahrung suchten.


Rücksicht auf die Tiere nehmen!

Ich appelliere an alle Bürgerinnen und Bürger, nicht zu nah an die Tiere heran zu gehen und sie bei der Nahrungssuche nicht zu stören. Vor allem müssten die Hunde an der Leine gehalten werden – wie prinzipiell in der Flur und im Wald. Wichtig sei es zudem, kein Plastik in der Natur zu hinterlassen, so der Landrat. Grund: Immer wieder kommt es vor, dass Weißstörche Plastiktüten oder Plastikteile in den Horst einbauen. Die stören den Wasserabfluss, so dass die Eier aufgrund von Staunässe nicht ausgebrütet werden können.


Um die Tiere bei Brut und Aufzucht nicht zu stören, haben wir Flursäuberungsaktion des Landkreises in diesem Jahr auf den 18. September gelegt.

Mehr Informationen zum Weißstorch beim Landesbund für Vogelschutz im Internet unter www.lbv.de/naturschutz/artenschutz/voegel/weissstorch 

                                             

Fotos: Winfried Zang


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